Das Thema Magengeschwüre stößt in der tierärztlichen Praxis bei den meisten Besitzern auf offene Ohren, da dies in der Humanmedizin ebenfalls ein weitverbreitetes Leiden ist. Viele Pferdebesitzer können „ein Lied davon singen“ und verfügen über einen mehr oder weniger umfangreichen eigenen Erfahrungsschatz. Tatsächlich sind Magengeschwüre unter Pferden deutlich ausgeprägter vorhanden als oft vermutet. Je nach Rasse und Haltungsform leiden bis zu 50 % aller Freizeitpferde, fast 75 % aller Turnierpferde und nahezu 90 % der Rennpferde unter Magenproblemen bis hin zu Geschwüren.
Ein Magengeschwür ist definiert als eine Wunde innerhalb der Magenschleimhaut. Diese Schleimhaut besteht aus einem drüsenlosen und einem drüsenhaltigen Anteil, und in beiden Bereichen können Wunden entstehen. Sie können Pferde jeden Alters betreffen und treten überdurchschnittlich oft bei Sportpferden auf.
Pferde sind insgesamt häufiger von Magengeschwüren betroffen als andere Tierarten, weil die Physiologie ihres Magens eine Besonderheit aufweist. Anders als beispielsweise bei Hund oder Katze, produziert der Magen des Pferdes, unabhängig vom Füllungszustand, den gesamten Tag über Magensäure. Diese ist natürlich zur Verdauung von Futter notwendig, aber wenn der Magen aufgrund einer Fütterungspause leer ist, ist diese Magensäure zu stark konzentriert und kann die Schleimhaut angreifen. Diese Reizungen sind der perfekte Grundstein für die Entstehung von Magengeschwüren. Um den Schweregrad dieser Wunden eindeutig einordnen zu können, werden sie von Grad 0 (geringste Stufe) bis Grad 4 (extreme Auswirkungen) eingeteilt.
Stress
Genau wie bei uns Menschen auch, kann jegliche Form von Stress ein Auslöser für die Entstehung von Magengeschwüren bei Pferden sein. Stress wird sehr subjektiv empfunden und kann von Pferd zu Pferd durch sehr unterschiedliche Dinge ausgelöst werden. Allgemein wird dadurch der Blutcortisolspiegel gesteigert und durch das Cortisol wird die Abwehr der Magenschleimhaut geschwächt. Dies macht sie leichter angreifbar für die Magensäure und es können Reizungen und Wunden entstehen. Da Pferde enorme Gewohnheitstiere sind, können schon kleinste Veränderungen bei ihnen Stressreaktionen auslösen: eine neue Box, ein neues Herdenmitglied oder wechselnde Reiter können die Welt unserer Pferde ins Wanken bringen.
Fütterung
Viele Pferde werden falsch oder zu viel gefüttert. Die Futtermittelindustrie bietet heutzutage alles, was das Reiterherz begehrt und der Pferdemagen schlichtweg nicht verträgt. Es wird viel für das Gewissen und die Optik gefüttert, was unseren Pferden leider oftmals nicht guttut. Da ihre Vorfahren Steppentiere waren und sie dadurch mit eher kargem Raufutter als Hauptnahrungsmittel auskommen mussten, ist ein Pferdemagen keine übermäßigen Mengen an Gras oder Getreide gewohnt. Im Gegenteil: der Magen ist perfekt angepasst an Raufutter als einzige Nahrungsquelle angepasst. Deshalb sollte dieses auch im Alltag den größten Anteil des Futters ausmachen.
Doch nicht nur zu viel, sondern auch zu wenig Futter bereitet dem Pferdemagen Probleme. Pferde sollten aufgrund ihrer hohen Magensäureproduktion nie länger als vier Stunden am Stück eine Fresspause einlegen, da dann die Magensäure die Schleimhäute zu sehr angreifen kann. Da kann das Futtermanagement schon einmal zur Herausforderung werden. Wir beraten gerne und suchen gemeinsam eine passende Lösung!
Haltung
Die Haltung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt
und häufig Stressfaktor Nummer Eins für unsere Pferde. Einzelhaltung, fehlender
Sozialkontakt, zu kleine Boxen, dadurch zu wenig freie Bewegung, Unruhe oder
Unstimmigkeiten in der Herde, dies alles sind Auslöser, die eine hohe
Stressreaktion zur Folge haben können. Oftmals wird der Stress nach außen hin
gar nicht so sichtbar, wie er sich im Inneren des Pferdes abspielt. Nicht jede
Form der Haltung ist für jedes Pferd optimal. Hierbei sollte beachtet werden,
dass nicht nur die reine Boxenhaltung für viele Tiere zum Problem werden kann.
Auch die gut gemeinte Herdenhaltung ist nicht für jedes Pferd geeignet und kann
durch Rangkämpfe eine Menge Turbulenzen auslösen. Hier ist der Besitzer in der
Pflicht, als Anwalt seines Pferdes die Bedingungen so optimal wie möglich zu
gestalten oder auszuwählen.
Training
Gerade im Turnier- und im Rennsport gibt es die höchsten Vorkommnisse von Magenschleimhautentzündungen und -geschwüren. Das Training unserer Pferde kann zum einen eine physische und psychische Überforderung der Tiere darstellen. Zum anderen wird durch die Anstrengung und das teils anhaltend hohe Tempo ein „Umherschleudern“ der Magensäure begünstigt. Sie kann somit viele Bereiche der Magenschleimhaut erreichen und dort Reizungen und Wunden hervorrufen.
Medikamente
Wie auch in der Humanmedizin können vor allem Schmerzmittel maßgeblich an der Entstehung von Magengeschwüren beteiligt sein. Vor allem bei länger anhaltenden Medikationen sollte auch immer ein Magenschutz berücksichtigt werden.
Da gerade Schmerzmittel die Schleimhaut zusätzlich reizen, ist vor der eigenständigen Verabreichung eine Rücksprache mit dem Tierarzt immer angeraten. Ein allzu leichtfertiger Griff in die Stallapotheke kann da schnell zu Problemen führen. Besonders das beliebte Phenylbutazon sollte bei unsachgemäßer Anwendung oder bei empfindlichen Pferden als Auslöser von Magenproblemen im Hinterkopf behalten werden.
Magengeschwüre werden oftmals als Verdachtsdiagnose nach einer umfangreichen Anamnese der Symptome therapiert. Hierfür wird dem Pferd ein Medikament zur Behandlung von Magengeschwüren verabreicht und es wird kontrolliert, ob sich durch dieses Medikament eine Besserung einstellt. Ist dies der Fall, so kann von einem Vorliegen von Magengeschwüren ausgegangen werden. Eine gesicherte Diagnose kann nur mit Hilfe einer Gastroskopie erfolgen. Hierfür wird ein Schlauch, an dessen Ende sich eine kleine Kamera befindet, durch die Nase, über den Rachen bis in den Magen vorgeschoben, wo der Tierarzt die Magenschleimhaut befunden kann.
Magengeschwüre sollten wegen der starken Schmerzen und Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens unbedingt behandelt werden. Gut bewährt hat sich hierbei ein Protonenpumpenhemmer, welcher dafür sorgt, dass weniger Magensäure ausgeschüttet wird und die Entzündung / Geschwüre darunter abheilen können. Häufig erfordert die Therapie von Magengeschwüren eine längere Ausdauer von Pferd und Mensch, ist aber nach guter Diagnostik und korrekter Wahl der Medikamente oftmals erfolgreich. Außerdem ist es wichtig, die auslösende Ursache zu finden und abzustellen, da sonst die Beschwerden schnell wieder auftreten können.