Verletzungen beim Pferd

Viele Pferdemenschen haben folgendes Szenario schon erlebt: ein herrlicher Tag, das Pferd genießt die Zeit auf der Weide – und kommt auf drei Beinen zurück in den Stall. Bei genauerer Betrachtung fällt eine Verletzung auf.

Pferde sind Meister darin, Gefahren zu suchen, sie zu finden und nicht gerade bestmöglich und unverletzt aus der Situation herauszugehen. Ein guter Fahrplan für das weitere Vorgehen ist daher sehr hilfreich!

Kleine Verletzung große Wirkung.

Wie stark ist mein Pferd verletzt?

Bei dem Ausmaß einer Verletzung ist nicht zwingend die Größe das ausschlaggebende Kriterium. Eine kleine, tiefe Wunde in der Nähe eines Gelenks kann mitunter größere Konsequenzen haben als eine große, oberflächliche Hautverletzung. Daher sollten Verletzungen im Bereich von Gelenken besonders ernst genommen werden, da hier die Gefahr von lebensgefährlichen Infektionen, insbesondere einer Sepsis sehr hoch sein kann.

Verletzungen können unterschiedlichste Ursachen haben: gegenständliche Gefahrenquellen im Bereich des unbeaufsichtigten Pferdes (Stall oder Weide), Tritt-/Bissverletzungen durch Artgenossen, Alleinunfälle in der freien Bewegung oder Verletzungen im Training. Am häufigsten sind dabei die empfindlichen Gliedmaßen der Pferde betroffen.

Im Falle eines Falles:
Wie beurteile ich eine Verletzung?

  • Wo befindet sich die Verletzung?
  • Wie tief ist die Wunde?
  • Ist Knochen sichtbar oder sind Gelenke, Sehnenscheiden, Schleimbeutel in der Nähe?
  • Liegt eine Blutung vor?Wie kann ich sie stillen?
  • Wann ist die Verletzung aufgefallen? Wie alt ist sie ungefähr?

Wie kann ich bei meinem Pferd Erste Hilfe leisten?

Ganz wichtig ist: Ruhe bewahren! Erste Hilfe ist nur mit einem klaren Kopf möglich.
Je nach Ausmaß der Verletzung sollte sich zuerst um eine eventuelle starke Blutung gekümmert werden. Besteht eine solche, ist umgehend der Tierarzt anzurufen, der dann bereits am Telefon unterstützend beraten kann, was zu tun ist, bis er eintrifft (zB einen Druckverband anlegen).
Bei Unsicherheiten, ob ein Gelenk beteiligt ist, sollte ebenfalls unbedingt ein Tierarzt zu Rate gezogen werden. Egal, wie klein die Verletzung ist: sollte das Gelenk betroffen sein, muss die Wunde und vor allem auch das betroffene Gelenk, die Sehnenscheide oder der Schleimbeutel gespült werden, um sie von Bakterien zu befreien.

Es ist bei jeder Verletzung sehr wichtig, dass eine Wundinfektion verhindert wird. Daher sollte sie stets gereinigt und abgedeckt werden. Wunden bitte niemals direkt mit Salben oder Sprays behandeln, denn dies verfälscht eventuell später den Eindruck und erschwert die Behandlung. Auch der eigenständige Einsatz von Schmerzmitteln bei Verletzungen kann eine spätere Untersuchung beeinflussen. Hat das Pferd vorher eine Lahmheit gezeigt, ist diese für den Tierarzt durch die schmerzstillende Wirkung der Medikamente eventuell nicht mehr sichtbar und eine vernünftige Lahmheitsuntersuchung nicht mehr möglich.

Tipps für die Stallapotheke 
In eine gute Stallapotheke gehören Tupfer, Watterollen und selbstklebende Bandagen für den ersten Verband oder Druckverband und eine Abdeckung der Wunde. Abdeckende Wundverbände bitte niemals zu feste wickeln, weil sonst die Durchblutung beeinträchtigt werden kann. Eine gute Polsterung ist hierbei ebenfalls sehr wichtig.

Was macht der Tierarzt?

Jede Verletzung ist eine Durchtrennung der Haut. Diese stellt in intaktem Zustand eine wichtige Schutzbarriere gegenüber Krankheitserregern dar und verhindert deren Eindringen in den Körper. Schon bei einer kleinen Eintrittspforte übernehmen Bakterien das Regime und können mit einer Infektion für immense Auswirkungen auf den gesamten Körper sorgen. Pferde sind mit ihrer besonderen Empfindlichkeit gegenüber Keimen bei Verletzungen stets sensibler zu beurteilen als viele andere Tierarten oder der Mensch!

Um Folgeschäden zu verhindern, sollte jede Verletzung daher tiermedizinisch abgeklärt werden. Außerdem ist so eine medikamentöse Abdeckung der Wunde gewährleistet. Eventuell ist auch der Einsatz von Antibiotika sinnvoll, um eine Infektion zu verhindern oder bereits bestehende Infektionen zu therapieren.

Sollte die Wunde frisch sein, kann sie vom Tierarzt bei Bedarf chirurgisch versorgt und genäht werden. Dies unterstützt und beschleunigt den Heilungsprozess. Ist das Nähen der Wunde nicht mehr möglich, da sie schon älter ist, so muss der Körper sie meist selbst von innen heraus verschließen. Man spricht dann von sekundärer Wundheilung.
In manchen Fällen ist auch eine umfangreiche Versorgung auf dem OP-Tisch notwendig. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Verletzung in der Nähe von Gelenken befindet, um eine Gelenksinfektion zu verhindern.

Wie lange dauert die Wundheilung beim Pferd?

„Gut Ding will Weile haben“ – dieses Sprichwort gibt es nicht umsonst und es trifft auch auf den Heilungsprozess der Haut zu. Wer zu eifrig wieder mit dem Training beginnt, riskiert Wundheilungsstörungen und eine sogenannte Wunddehiszenz, also ein erneutes Auseinanderweichen der Wundränder. Der gesamte Heilungsprozess beginnt dann erneut. Deshalb ist es wichtig, nach chirurgischen Wundverschlüssen die vom Tierarzt angeordnete Boxenruhe einzuhalten und erst nach Rücksprache eine freie Bewegung oder das Training wieder aufzunehmen.